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Pünktlichkeit und Tagesrhythmus

  • Autorenbild: Delia
    Delia
  • 13. Jan. 2019
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Feb. 2021

Ich habe jetzt eine Woche und einen Tag in Argentinien verbracht und kann schon mal sagen, dass es mir sehr gefällt.


Heute widme ich mich etwas dem Thema der Zeit, und zwei Aspekten, die mir aufgefallen sind. Dies wären die – mangelnde – Pünktlichkeit der Argentinier und der Tagesrhythmus der Argentinier.

Wer mich kennt, weiß, dass ich normalerweise pünktlich bin und auf der Ebene eher der Schweizerin entspreche. Ebenso bin ich aber auch eine Nachteule. Ich erledige viel lieber die Hausaufgaben um Mitternacht als um 6 Uhr morgens.


Die Pünktlichkeit wird hier nicht ganz so ernst genommen.


Nehmen wir ein Beispiel von meinem ersten Tag. Ich war erst gerade angekommen, hatte meine Sachen in der Wohnung von Tante M abgelegt und sie führte mich etwas in der Nachbarschaft rum.


[Ich werde hier die Frau, bei der ich wohne, Tante M nennen, selbst wenn sie nicht meine Tante ist. Sie ist dafür die Tante jemandes anderen. Jedoch will ich hier keine Persönlichkeitsrechte verletzen. 😉]


Im Park nah an der Wohnung setzten wir auf eine Bank und ich sah, dass sich auf dem Platz vorne was tat. Auf einer großen, runden Fläche mit Betonboden hatten sich viele Leute versammelt, einige davon verkleidet. Andere trugen Trommeln herum und nochmals andere verkauften Glacé. Jedoch waren es die Trommeln und die verkleideten Leute, die meine Aufmerksamkeit erweckten. Da musste wohl was stattfinden! Also gingen wir sie fragen, ob es hier ein Konzert oder ähnliches gab.

Die – übrigens überaus freundlichen – Argentinier bejahten und meinten, um halb sechs würde ein Konzert beginnen. Ich schaute auf die Uhr, es war fünf Uhr zwanzig. Selbst für schweizerische Verhältnisse wäre es erstaunlich, wenn die eher ungeordnete Menschenmenge es schaffen würde, binnen zehn Minuten mit einem Konzert zu beginnen. Also dachte ich, in so zirka einer halben Stunde würde das doch sicher langsam beginnen. Tante M willigte ein, dass wir bei dem Konzert vorbeischauten, meinte aber, sie zeige mir erst noch die subte-Station (U-Bahn) und das Shoppingzenter.


Ich willigte wiederum ein, hoffend, dass wir dabei den Anfang nicht verpassen würden. Jedoch war ich damit weit verfehlt. Tante M und ich schlenderten gemütlich zur Subte, betraten noch das Einkaufszentrum nebenan und ich kaufte eine argentinische SIM-Karte.

So gegen halb sieben waren wir wieder auf dem Weg zum Park und ich ging davon aus, dass das Konzert voll im Gange war. Ja. Immer noch weit verfehlt.


Bei jeder Nachfrage beteuerten die Leute, dass es genau jetzt in dieser Sekunde beginnen würde. Schlussendlich begann das Konzert um sieben Uhr. Also eineinhalb Stunden zu spät.

Grund: Es hatte vorher zu viel Sonne gehabt und es wäre zu heiß gewesen.


Allgemein spielt das Wetter eine grosse Rolle bei solchen Events. Wenn es regnet, werden open-air Konzerte oder Markte abgesagt, ohne dass man groß informiert wird darüber. Wenn es zu heiß ist, wartet man einfach, bis die Sonne verschwindet oder Wolken aufziehen. Glücklicherweise ist Argentinien etwas näher am Äquator als die Schweiz, weswegen wenigstens der Regen einem nicht so häufig einen Strich durch die Rechnung zieht.



So sah es dann um sieben Uhr aus.


Naja, das Erlebnis vom ersten Tag hat bisher nicht wieder so stattgefunden, jedoch ist es durchaus normal, dass die Dinge 15-30 Minuten später beginnen als gedacht. Bei einer Einladung ist man anscheinend fast schon unhöflich, wenn man pünktlich kommt – 30 Minuten zu spät ist vollkommen normal und erwünscht.


Auch sind gewisse Events ein bisschen nach Lust und Laune. Beispielsweise findet «jeden» Sonntag eine Milonga (Tango-Anlass) auf dem Platz Dorrego statt. Also ging ich vergangenen Sonntag motiviert mit 2 Leuten an den Platz, um die Milonga anzuschauen und womöglich ein paar Tango-Moves aufzuschnappen. Die Milonga verwandelte sich schlussendlich in eine Tangoshow, bei der nicht Zivilisten miteinander tanzten, sondern alle zuschauten, wie zwei Tangotänzer eine Show machten. Der Grund dafür war, dass der Organisator nicht aufgetaucht war. Daher hatten zwei Tango-Tänzer beschlossen, sie würden die Sache nun selbst aufpeppen. In dem Punkt jedoch hat es mich nicht groß gestört, da ich sowieso nicht hätte mittanzen können und Tangoshow ebenso gut, wenn nicht gar besser ist. Dennoch fand ich es amüsant, dass der «Organisator einfach nicht auftaucht».


Leider muss ich zugeben, dass ich mich schon etwas an die Unpünktlichkeit angepasst habe. Ich gehe nicht mehr zur Sicherheit auf eine Subte zuvor, sondern nehme diejenige, die eventuell knapp wird. Und bei einem Konzert gehe ich dann aus dem Haus, wenn es «beginnt».


Sorry Leute! Ich geb mir Mühe, mir das in der Schweiz wieder abzugewöhnen 😉.



Der Tagesrhythmus jedoch ist etwas, was mir sehr zuspricht – auch wenn es manchmal etwas ins Extreme fällt.


Hier beginnt die Arbeit – oder zum Beispiel mein Kurs – nicht um halb acht oder acht, sondern eher um neun oder halb zehn.

Man frühstückt also um zirka halb neun, neun Uhr und isst nach eins Uhr nachmittags zu Mittag. Abendessen gibt es normalerweise erst um zehn Uhr nachts – auch wenn man dazwischen vielleicht noch eine Empanada isst.


Ein Abend am Wochenende sieht also so aus, dass man so kurz nach zehn Uhr mal rausgeht, um ein Restaurant zu suchen. So gegen elf Uhr isst man also eine Pizza oder Fleisch (oder beides) und trinkt gemütlich das erste Bier (bis hierhin wäre das auch jeder Arbeitstag dazwischen). Dann nach zwölf Uhr beginnt man, einen Club oder eine Bar mit Tanzmöglichkeit zu suchen und bleibt dort bis ca. 5 Uhr morgens. Vor zwölf Uhr ist der Club meistens gar nicht erst offen, womit man keine Möglichkeit hat, früher schon tanzen zu gehen. Falls vorher noch ein Workshop stattfindet, dann beginnt der um halb zwölf und nicht wie in der Schweiz um halb zehn. Der richtige Ansturm an Leuten findet hier auch eher um zwei Uhr statt und nicht um zwölf/ein Uhr morgens wie in Basel.

Wie ihr euch denken könnt, schläft man also – wenn man kann – am nächsten Tag etwas länger, womit man wieder perfekt in den «verschobenen» Rhythmus passt.


Was dieser Rhythmus jedoch zum Vorteil hat, ist, dass ich wunderbar von fünf bis neun Uhr abends einkaufen gehen kann, zu Hause was erledigen kann oder mit Freunden durch Buenos Aires spazieren und erst danach essen zu müssen. Es gibt nicht diese Lücke von sieben bis acht Uhr abends, wo die Leute sagen, sie müssten jetzt aber nach Hause essen gehen – und können erst um neun Uhr wieder raus. Nein, man bleibt wo man ist bis spätabends, und dann wird gegessen. Und dann wird entweder geschlafen oder getanzt (o. ä.).


Der Tagesrhythmus hier passt also wunderbar zu meinem bevorzugten Rhythmus – was es mir auch ermöglicht, den Blog hier zwischen sechs und sieben Uhr abends zu schreiben. Denn jetzt isst niemand zu Abend.



Einmarsch der verkleideten Tänzer auf den Platz (Band ist auf der anderen Seite).

2 Comments


Delia
Delia
Feb 27, 2019

Sorry für die späte Antwort! Hab die Funktion gerade entdeckt hahaha. Jedenfalls danke :).

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Andi
Jan 15, 2019

Ha, das tönt ja super! Schön zu lesen, dass es Dir gut geht.

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