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Feminismus und Tag der Frau

  • Autorenbild: Delia
    Delia
  • 11. März 2019
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Feb. 2021

Heute werde ich über ein Thema schreiben, das ich schon lange mal ansprechen wollte. Zusammen mit dem 8. März, dem internationalen Tag der Frau, kommt das sehr gelegen.

Nämlich geht es in diesem Artikel um den Feminismus beziehungsweise der Rolle der Frau in Buenos Aires/Argentinien, und an der Stelle auch um den Tag der Frau.


Die SüdamerikanerInnen sagen selbst, dass Südamerikaner Machos sind (sowohl Frauen als auch Männer sagten mir dies). Und in Argentinien als Land in Lateinamerika zählen die Männer wohl auch zu den Machos. Jedoch finde ich, dass ich den «Machismo» in Argentinien nicht so sehr sehe wie in anderen Ländern hier im Süden (bevor ihr mir jetzt Vorurteile, Diskriminierung und Rassismus vorwerft, lest zu Ende).


Nämlich existiert hier, vor allem in der Hauptstadt, eine starke Frauenbewegung. Der Feminismus ist hier meiner Meinung nach präsenter als in Basel. Dies kommt aber daher, dass die Frauen die Nase voll haben von den «Machos». Die Frauen von hier sagten mir, dass es viele Männer gibt, die Frauen begrabschen (was es in der Schweiz auch gibt – wohl überall auf der Welt) oder die einem auf der Straße folgen, weil sie einen schön finden. Ebenso ist in den Medien der «Femizid» sehr diskutiert. Das bedeutet Männer, die Frauen aufgrund Geschlechterdiskriminierung umbringen. Sei es auf der Straße, wenn die Frau sich wehrt oder im Haushalt, in Form von häuslicher Gewalt. Und nun ja, auch die häusliche Gewalt existiert. Und all diese Dinge haben offenbar dazu geführt, dass die Frauen hier endgültig genug davon haben und sich dagegen wehren. Ich kenne auch junge argentinische Frauen, die mir sagen, dass sie lieber single bleiben, als «einen dieser Machos» zu nehmen. Das finde ich zwar schade, kann ich aber auch nachvollziehen. Viele argentinische Frauen zwischen 15 und 40 sehe ich sehr «stolz» und auf ihrem Recht beharrend – was ich super finde. Sie lassen sich nichts mehr bieten von einem Mann und sind auch nicht abhängig von einem Mann.


Auch sieht man die Auswirkung der Feministenbewegung bei den Männern. Zwar habe ich auch Machos kennengelernt – aber meine Erfahrung ist ansonsten sehr positiv. Viele argentinische Männer, deren Bekanntschaft ich gemacht habe, sind sehr respektvoll Frauen gegenüber. Ich habe mich außerhalb von Bars und Tanzflächen nie als Frau diskriminiert oder abgewertet gefühlt. Ebenso sind die Männer hier unterstützend im Bezug auf die Feministenbewegung. Mein Freund Juan zum Beispiel hat mir zum Tag der Frau gratuliert und sich darüber gefreut, dass ich an den Marsch der Frauen ging. Die Männer halten das nicht für eine «Beleidigung» ihrer Männlichkeit, sondern sind stolz auf ihre starken Frauen, die für sich einstehen. Logischerweise zählt dies nicht für die Männer, die sich dadurch angesprochen fühlen, aber die hab ich glücklicherweise nicht in großer Menge kennengelernt.


Jedoch möchte ich euch etwas verdeutlichen, wie ihr euch die Frauenbewegung vorstellen könnt – und das ist ein Beispiel, das mir eine Argentinierin erzählt hat. «Früher» (vor vielleicht 5 Jahren), wenn ein Mann in der Subte (Untergrundbahn) einer Frau an den Hintern gefasst hat, hat die Frau wohl schockiert dreingeschaut und ist bei der nächsten Station wortlos ausgestiegen. «Heute» ist das anders. Heute dreht sich die argentinische Frau um und fängt an, den Mann mit «boludo» und «hijo de puta» (ohne Übersetzung) zu beschimpfen. Dann beginnen die Frauen im Umkreis – oder auch Männer – , den Mann ebenfalls zu beschimpfen. Bis dieser wortlos aussteigt. Die Scham und das Schweigen über solche Ereignisse wurden also entfernt. Die argentinische Frau kann offen darüber reden, wenn ihr so etwas passiert, und behält es nicht für sich.


Zum Vergleich habe ich mit Kolumbianern und Venezolanern über den Machismo in ihrem Land geredet (die Länder sind Zufall, ich hab einfach grad Leute aus den Ländern kennengelernt). Und da sind Männer und Frauen darunter. Beide Geschlechter haben mir gesagt, dass a) die Frauen in Argentinien sehr «brava» (mutig, tapfer) sind, also für sich einstehen. Und b), dass in ihrem Land der Machismo viel stärker ist. Lustigerweise gab der eine Kolumbianer offen zu, dass er sich für mehr Macho hält als ein Argentinier.

Jedoch fand ich die Bekanntschaften mit den argentinischen Männern sehr angenehm, auf ihren Umgang mit der Frau bezogen. Dass sie einer Frau viel Respekt gegenüber zeigen, ändert nichts an ihrem Mannsein (im Gegenteil) und das haben viele zum Glück auch verstanden. Dies ergibt dann sozusagen einen «modernen Gentleman».

Der moderne Gentleman (meiner Definition nach) ist also ein Mann, der einer Frau zwar die Tür aufhält, aber nicht, weil er denkt, dass sie das nicht kann. Sondern, weil er ihr einen Gefallen tun möchte. Meiner Ansicht nach hat dieser Aspekt auch nichts mit Feminismus zu tun.

Dies wird nun etwas mit einer persönlichen Meinung gefärbt (ich habe nie behauptet, dass ich neutral schreibe 😉 ). Ich als selbständige Frau erwarte nicht, dass ein Mann mir die Tür aufhält. Das kann ich selbst. Wenn ein Mann mir aber respektvoll die Tür öffnet, dann danke ich ihm. Genauso wie ich einer Frau danken würde (und es tue).


Schreibt eure Meinung – respektvoll! – in die Kommentare.



Auch hat die ganze Bewegung etwas mit Politik zu tun – wie beinahe alles hier. In Buenos Aires gibt es viele Frauen und Männer, die mit einem grünen und/oder violetten Tuch herumlaufen. Das Tuch binden sie gewöhnlich an den Rucksack oder ums Handgelenk. Jedoch sind die Tücher nicht die Mitgliedschaft zur Hippie-Bewegung, sondern eine politische Aussage.

Das grüne Tuch steht für «Ja» zur Abtreibung. Die Abtreibung hier ist immer noch verboten, jedoch gibt es (viele!) Frauen, die, wenn sie abtreiben wollen, dies auf andere Mittel machen. Dies kann auch ein schmutziges Spital sein, das heimlich Abtreibungen mit limitierten Mitteln durchführt. Und aufgrund dessen gibt es etliche junge Frauen, die an der Abtreibung sterben. Bald wird erneut über die Legalisierung der Abtreibung abgestimmt und all die ArgentinierInnen, die mit dem grünen Tuch herumlaufen, geben damit zu verstehen, dass sie dafür sind.


Das violette Tuch steht für «ni una menos» (nicht eine weniger) und geht um den Femizid. Mit dem wollen die TrägerInnen zeigen, dass sie eine Änderung wollen, was Femizid angeht. Sie fordern mehr Bestrafung und bessere Massnahmen für/gegen Männer, die Gewalt an Frauen ausüben. Nicht eine Frau mehr sollte verschwinden müssen, bis man (bzw. Macri) endlich aktiv wird.

Ebenso gibt es Plakate und Werbung in der Subte oder auf der Straße zu beispielsweise «ni una menos» und zu der LGBT-Community (Gesellschaft von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen). Ja, auch die LGBT-Community ist hier sehr präsent! Als eines der wenigen Länder in Südamerika dürfen Leute hier gleichgeschlechtlich heiraten. Und Argentinien ist hier der Schweiz also voraus. Auf der Straße trifft man Plakate an, die zum Beispiel zwei Männer zeigen, die sich küssen, mit der Schrift «no importa lo que digan, hacé lo tuyo» (es spielt keine Rolle, was sie sagen, mach das Deine).



Am Tag der Frau, am vergangenen Freitag, habe ich nochmals verdeutlicht gesehen, wie die Frauenbewegung hier ist – und ich bin begeistert. Klar ist es noch nicht perfekt, von Gleichstellung nicht zu reden (vor allem in der Arbeitswelt), aber die ArgentinierInnen kämpfen!

Am Abend des 8. März gab es nämlich eine grosse Street Parade – einen Marsch durch die Stadt – der Frauenbewegung. Rund 300.000 ManifestantInnen (darunter ich 😉) sind die Avenida de Mayo (eine grosse Straße, die zum Palast des Präsidenten führt) runtermarschiert. Mehrere Organisationen und NGOs haben ihre Stände aufgestellt und sich mit großen Plakaten in die Menschenmenge gemischt. Die Marschierenden hielten also Karton- oder Stoffschilder in die Luft, auf denen Sprüche standen mit den Zielen, die sie verfolgen. Gleichberechtigung, Recht zur Abtreibung, Aus mit dem Machismo. Ein Schild, das ich gut erinnere, sagte: «Argentinien wird das Grab des Machismos von Lateinamerika». Während mehr als 2 Stunden marschierte – oder spazierte – die Menschenmenge also auf die Plaza de Mayo zu, wo am Ende eine Rede gehalten wurde. Dies zur Feier und Aufruf des Tages der Frau.


An diesem Marsch haben zwar grösstenteils Frauen teilgenommen, jedoch habe ich auch Männer in der Menge gesehen, was mich besonders freut. Soweit ich weiß, gab es in der Schweiz kaum eine Zelebration, vielmehr scheinen es viele dort vergessen haben, wurde mir gesagt (vertrauliche Quellen aus Basel xD).

Am selben Tag am Morgen in Buenos Aires, als ich ins Mehrfamilienhaus der Tante M gehe, treffe ich eine Nachbarin an, die ich wie immer grüsse. Zu dieser Uhrzeit war mir zwar bewusst, dass es der Tag der Frau war, jedoch hatte ich dem noch keine grosse Bedeutung zugerechnet. Doch die Nachbarin strahlt mich an und gratuliert mir zum Tag der Frau, sogar ein Geschenk hatte sie bekommen. Und sie war nicht die Einzige. An dem Tag, wenn man einer Frau begegnete (oder mit einer Frau whatsapp-Nachrichten schrieb), war es normal, dass man irgendwo ein «Feliz día de la mujer» (Fröhlicher Tag der Frau) einwarf.


Hier werde ich nun einige Bilder und drei Videos des Marsches anfügen.

Anhand der Bilder (bzw. Schilder) könnt ihr sehen, wie die Umstände sind/waren, die nun bekämpft werden.

Ich hoffe, ihr fandet den Artikel interessant und freue mich auf eure Reaktionen! :)


Bis zum nächsten Mal!






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