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Die Hauptstadt des Tangos

  • Autorenbild: Delia
    Delia
  • 9. Feb. 2019
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Feb. 2021

Buenos Aires, die Hauptstadt des Tangos. Das habt ihr bestimmt auch schon gehört.

Tango, Wein und Rind - sind drei Dinge, die man schnell mit Argentinien verbindet. Und Überraschung: es stimmt auch!


Zwar nicht so schwarz-weiß, wie man es sich vielleicht vorstellt, aber diese drei Assoziationen kommen nicht von nirgendwo. Hier werde ich mich auf den Tango konzentrieren, aber ich kann nicht widerstehen, euch folgendes Bild in den Kopf zu setzen: in einer schönen Sommernacht einen Grill auf dem Dach eines Hauses anwerfen (Parilla), mit gutem Wein, und anschliessend ein wenig Tango tanzen. Muss ich umsetzen!



Jetzt zum Tango.

Der Tango kommt tatsächlich aus Buenos Aires, worauf die Porteños (Leute aus Buenos Aires, ja, es gibt einen Namen dafür) stolz sind. Nicht nur tanzen viele Porteños Tango, sondern es kommen auch Leute aus der ganzen Welt hier her, um an eine Milonga (Tango-Tanzanlass) zu gehen oder einen Tangokurs zu besuchen. Etwa wie wenn man nach England geht, nachdem man Englisch gelernt hat. Oder nach Argentinien, wenn man Spanisch gelernt hat 😉.


Die Ursprünge des Tangos befinden sich in den Hafenvierteln (am Río de la Plata). Dort gab es Ende des 19. Jahrhunderts eine grosse Einwanderungswelle. Viele Immigranten kamen aus Europa, ein Grossteil davon von Italien. Sie siedelten sich in den Hafenvierteln ein, also dort, wo sie auch angekommen sind. Jedoch wanderten viel mehr Männer ein als Frauen und dazuhin kam, dass es nicht genügend Arbeit gab für alle. So entstanden in den Hafenvierteln eher arme Viertel und viele Bordelle. Nach einer Gelbfieberwelle flüchteten die Einwohner, die vor den Immigranten da gewesen und entsprechend reich sind, in den Norden von Buenos Aires und überliessen den Einwanderer sozusagen den Hafenbereich. In diesen Hafenvierteln entstand dann der Tango.

Ja genau, der Tango war nicht immer ein eleganter Tanz in langem Ballkleid, wie ihr es euch vielleicht vorstellt. Und übrigens trag ich beim Tanzen (und auch sonst) kein Kleid, geschweige denn ein Ballkleid.


Jedenfalls war der Tango zu Beginn etwas, das die Männer untereinander tanzten. Die Frauen hatten keinen hohen Stellenwert und durften nicht daran teilhaben. Jedoch ist Tango mehr als nur ein Tanz, denn auch die Musik ist ein wichtiger Bestandteil. Die Liedtexte des Tangos sind meistens melancholisch und nostalgisch. Dies aus dem Grund, dass die Einwanderer ihrem Heimatsland oder einer dort verlorenen Liebe nachtrauerten und dies in der Tangomusik zum Ausdruck brachten. Verblühte Jugend, verlorene Liebe und Heimat sind also zentrale Themen. Auch wird es in der (traditionellen) Tangomusik Ausdrücke geben, die selbst ein gebürtiger Spanier oder Bolivianer nicht verstehen wird. Denn zu dieser Zeit entstand ein «Jargon», beziehungsweise Worte, die sozusagen «Insider» waren und niemand von außerhalb verstand. Diese Wörter wurden auch in der Tangomusik gebraucht – und einige existieren immer noch.


Mit der Zeit übernahm auch die Frau eine Rolle im Tangotanz, aber erstmals als Prostituierte: man konnte sie für eine Nacht mieten. Erst später war die Frau «salonfähig» dabei. Heute tanzt man den Tango zwischen Mann und Frau, wobei beide Geschlechter gleich respektiert werden. Zwar übernimmt der Mann – meistens – die Führerrolle, aber es ist die Entscheidung der Frau, ob sie folgen will oder nicht.

Ebenfalls sehe ich häufig zwei Frauen, die miteinander Tango tanzen, sogar in Tangoshows oder als Tangolehrerinnen. Meistens kann eine Frau eines solchen Tanzpaares sowohl die «Führung» als auch das «Folgen». Zwei Männer gibt es ebenfalls, sehe ich jedoch seltener.



Hier startete bald eine Milonga

Kommen wir also zur Aktualität.

Der Tango ist hier allgegenwärtig. Gerade läuft der Radio von Tante M, wo zur Zeit Tango rauskommt. Wenn man sonntags durch den Markt spaziert oder an einem beliebigen Tag durch La Boca schlendert (ein Hafenviertel 😉), sieht man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Tanzpaar, das eine kleine Tangoshow hinlegt. Dabei – wenn es Mann und Frau sind – trägt der Mann meistens ein Anzug (der Arme, es ist heiß hier) und die Frau ein langes Kleid.

Wenn ich jedoch in den Tango-Ausgang gehe, ist diese Kleidung eher selten. Mein Tanzpartner bevorzugt Kurzarmhemd (was ich ihm wegen dem Wetter verzeihe) und ich bevorzuge Shorts. Die Gäste kommen, wie sie wollen – man sieht sowohl Frauen in eleganten Kleidern als auch mit etwas, was ich eher als BH bezeichnen würde.

Hier kann man täglich an mehrere Milongas und/oder Tanzkurse gehen. Am Wochenende überquillt die Stadt nur so von Tango-Anlässen.

Es gibt sozusagen zwei Typen von Tangoanlässen. Das eine wäre eine Milonga, wo Leute hingehen, die Tango tanzen können. Dann läuft Musik – wenn man Glück hat live «en vivo» – und es wird getanzt, bis man frühstückt (wortwörtlich!).

Die andere Variante ist sehr ähnlich. Nur, dass vor der Milonga eine Tangolektion stattfindet (ca. 20.30 unter der Woche, 23.30 am Wochenende). Da können also Leute wie ich hingehen, die wenig bis gar keinen Tango können. Man wird je nach Niveau in Gruppen aufgeteilt und lernt ca. eine Stunde lang ein paar Basics des Tangos. Danach läuft Musik und man übt, was man vorhin gelernt hat – oder sitzt hin, um eine Empanada zu essen (um 00.30, versteht sich).


In spezifischen Tangoschulen – und auch in den Kursen – trifft man außerdem viele Touristen. Für Touristen ist es natürlich optimal, eine Tangoklasse zu nehmen (man zahlt immer eine aufs Mal) und wenn man drei Tage später weiterreist, hat man was gelernt, ohne sich für weitere Kurse verpflichtet zu haben. Dieses man-zahlt-nur-eine-Lektion-aufs-Mal-System hat also Vorteile, meiner Meinung nach aber auch Nachteile, da man auf diese Weise weniger aufbauend lernt. Spaß machts aber trotzdem.


Fun Fact: Argentinische Tango-Tanzpaare, die schon seit 50 Jahren zusammen tanzen, mögen diese Touristen-Anlässe nicht so. Neben den «Touri-Orten» gibt es also auch Insiderorte, die nicht auf Google Seite 1 erscheinen und an die man am besten via Argentinier gelangt. Ich persönlich mag solche authentische Orte.



Im Übrigen gibt es im Tango keine richtigen Grundschritte. Man «geht» oder «gleitet» zusammen mit seinem Partner übers Parkett oder über den Plastik und tanzt in einem Zusammenspiel aus dem, was der/die Führer/in führt und dem, was der/die Folgende interpretiert. Natürlich gibt es Grundwerkzeug, das man beachten sollte, aber grundsätzlich bestimmt der Führer die Schritte.

Was jedoch zu beachten ist: In einer Milonga gibt es prinzipiell drei Typen von Tango.

Es gibt den «Tango», den «Tango Vals» und die «Milonga».


Ja, verwirrend. Denn Milonga ist doch auch der Tanzanlass! Und Tango ist doch Musik und Tanz vereint?!


Gute Einwände, aber offenbar hatten sie keine anderen Namen zur Verfügung. Milonga steht sowohl für einen Tangotanzanlass als auch für eine schnelle Tanz- und Musikversion des Tangos. Tango Vals ist eine etwas langsamere Musik und der Tango selbst ist sozusagen das, was man sich unter Tango vorstellt. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass mein Tanzpartner die Stile auseinanderhalten kann – ich bin nämlich etwas überfordert teilweise.


In einer Milonga (Tanzanlass) ist der Ablauf also folgender: Man geht zu einem Tanz auf die Tanzfläche (mit einem Tanzpartner/einer Tanzpartnerin). Dann laufen drei Stücke, jeweils einen Tango, eine Milonga und einen Tango Vals. Höflicherweise bleibt man alle drei Stücke mit demselben Partner. Erst nach dem dritten Stück kommt ca. 30 Sekunden lang andere Musik und es gibt die Möglichkeit, zu wechseln oder sich wieder hinzusetzen. Diese Musik kann auch gerne Partymusik sein, irgendein Hit aus den 80ern. Man entspannt sich etwas, bleibt beim Partner oder sucht sich einen anderen und auf das Intermezzo folgen die nächsten drei Lieder.



Wie bei vielen Paartänzen gab es eine Zeit, in welcher der Tango ein wenig untergegangen ist. Um die Jahrtausenderwende herum geriet der Tango etwas in Vergessenheit, weniger Leute tanzten noch (wurde mir gesagt). Aber nach der Krise im 2001 kam der Tango wieder in Schwung. Die Leute begannen wieder zu tanzen und natürlich gesellten sich die Touristen ebenfalls dazu. Zwar beklagt sich die ältere Generation, dass die Jugend keinen Tango mehr tanzt, aber an Milongas treffe ich eine Menge junge Argentinier/innen an und kann diese Klage nicht ganz bestätigen. Und seit einem Monat schwinge – oder gleite – auch ich mein Tanzbein!




Hier verlinke ich euch einen berühmten Tangosänger Carlos Gardel, um euch ein bisschen in Stimmung zu versetzen.


Ich hoffe, ihr fandet den Artikel spannend. Es würde mich mal interessieren, was ihr im Voraus vom Tango wusstet. Wusstet ihr, dass der Ursprung zwischen zwei Männern war? Und wusstet ihr, dass es drei Typen gibt? 😊


Und hat jemand gezählt, wie häufig ich das Wort «Tango» benutzte?

Bis zum nächsten Artikel!



Corazón de Tango (Herz des Tangos) in La Boca

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